… Wohingegen in Teilen der Sozialdemokratie, die ich als Partei sicherlich von innen am besten kenne, ein Sentimentalpazifismus vorherrscht.
WELT: Was ist sentimental am Pazifismus der SPD?
Münkler: Es ist ein Sich-Nichteinstellen auf grundlegend veränderte Gegebenheiten, aus Sentimentalität und Bequemlichkeit heraus. Das gilt nicht für die Sozialdemokratie in ihrer Gänze, das sage ich ausdrücklich. Aber es gibt doch erhebliche Kräfte, man könnte fast sagen des Konservativen, der Bewegungslosigkeit als politisches Projekt.
WELT: Kann Deutschland die „Zeitenwende“ schaffen oder ist die Idee, dass wir uns jetzt von einer pazifistischen Gesellschaft zu einem wehrhaften Leader ummodeln, eigentlich Illusion?
Münkler: Die demoskopisch gemessene Stimmungslage der deutschen Bevölkerung zeigt ja durchaus, dass der prinzipielle Pazifismus nicht die dominierende Einstellung der Bevölkerung ist, sondern eher der eitle Gestus von ein paar Intellektuellen, die sich jetzt plötzlich als Strategiedenker aufspielen wollen.