Stefanie Babst, ehemalige Leiterin der Abteilung „Strategische Vorausschau“ bei der Nato in Brüssel, sagte WELT TV live, 9.3.2022: „Militärisch wird Russland wahrscheinlich weiter darauf abzielen, die Gebiete östlich des Dneprs bis hinunter zur Schwarzmeerküste zu besetzen.“
„Die Annahme, dass die Ukraine den Krieg noch gewinnen könne, in dem Sinne, dass sie Russland zum Rückzug zwingt, ist wohl zu optimistisch. Aber sie kann verhindern, dass Russland den Krieg gewinnt“, sagte der frühere Drei-Sterne-General Heinrich Brauß.
Ob die beiden kämpfenden Parteien allein eine Nachkriegs-Lösung in der Form einer Verhandlungslösung ausarbeiten können, hierzu sagte Stefanie Babst: „Ich glaube nicht, dass es Kiew und Moskau alleine schaffen. Es gibt durchaus Spielraum für Verhandlungen, aber auch große Unsicherheiten. Der durch Putins Angriffskrieg ausgelöste Umbruch ist fundamental, für Europa und weite Teile des internationalen Systems. Es gibt weder ein Drehbuch noch ein definiertes ‚political end game‘.“
„Dass Kiew fällt, würde ich gegenwärtig mit einem Fragezeichen versehen“, sagt auch Babst. Der frühere Militärplaner Brauß betont: „Die russischen Streitkräfte riskieren in Kiew einen blutigen Guerillakrieg.“
Melnyk (im Interview mit Deniz Yücel und Thore Barfuss, 9.3.2022): Lassen Sie die Nato eine Flugverbotszone ausrufen. Mal sehen, ob Putin es wagt, seine Flugzeuge starten zu lassen. Oder: Alle sehen diese 65 Kilometer lange russische Militärkolonne Richtung Kiew. Warum schickt Europa keine noch längere Kolonne von Hilfsgütern und schafft stärkere Bilder? Es heißt: „Wir stehen an Ihrer Seite.“ In Wirklichkeit schaut man zu, bis wir kapitulieren. Vielleicht ist es das, was man im politischen Berlin will. Aber das wird nie geschehen.
Melnyk: Mein Präsident hat am dritten Kriegstag einen Eilantrag auf die EU-Mitgliedschaft gestellt. Jetzt wünschen wir eine Regierungserklärung im Bundestag, in der man sagt: „Wir wollen die Ukraine als Beitrittskandidaten anerkennen.“ Mit einer EU-Mitgliedsperspektive könnte Deutschland alles wiedergutmachen, was in Bezug auf die Ukraine schiefgelaufen ist. (…) Seit acht Jahren erfüllen wir eifrig die Hausaufgaben. Aber jetzt brauchen wir aus Berlin ein starkes politisches Signal. Wir brauchen keine Entschuldigungen für gestern, sondern richtige Entscheidungen heute. (…) Das ist meine wichtigste Botschaft: Von Berlin fliegt man in einer Stunde nach Lemberg, genauso schnell wie nach Freiburg. Die Ukraine ist nicht irgendwo am Rande der Welt. Wir leben doch hier, auf diesem Kontinent.
Siehe auch Feiglingsspiel, Prisoner´s Dilemma und Madman-Theory Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Feiglingsspiel
Ein irrationales Spiel kann beim Feiglingsspiel Vorteile bringen. Zum Beispiel könnte ein Spieler sich vor Beginn der Fahrt betrinken, um dem Gegner zu zeigen, dass er während der Fahrt nicht vernünftig handeln kann. Bei irrationalem Spiel lässt sich vom Spielgegner nicht voraussagen, wie man handeln wird. Diese Strategie kann auch in der Politik verfolgt werden (Madman-Theory).[2