Spiegel: Im Jahr 2024 sind in den USA Präsidentschaftswahlen, und im Moment spricht viel dafür, dass Trump noch einmal antritt. Sollten sich die Europäer auf eine Welt vorbereiten, in der sie nicht mehr von den USA beschützt werden?
William Wechsler: Jeder Beobachter der politischen Lage in den USA muss zu der Erkenntnis kommen, dass nach 2024 womöglich Donald Trump oder Tucker Carlson oder eine andere Figur im Weißen Haus sitzen könnte, die prorussische Ansichten vertritt. Und das würde die strategische Landschaft in Europa fundamental verändern, und die Europäer müssten sich darauf einstellen. Das heißt nicht, dass die Europäer von sich aus versuchen sollten, die USA aus dem Kontinent herauszudrängen. Aber sie sollten sich klarmachen, dass sie in den vergangenen Jahrzehnten auch deshalb wohlhabend geworden sind, weil sie in mancher Hinsicht nicht für ihre Verteidigung bezahlen mussten. Diese Zeiten scheinen zu Ende zu gehen. Es gibt zwei Möglichkeiten, mit dieser Lage umzugehen. Entweder versucht man, Deals zu machen mit Russland – dem Land, das einen bedroht. Das scheint mir keine Erfolg versprechende Strategie zu sein. Oder man versucht, eine eigene Verteidigung aufzubauen und ein stärkerer militärischer Akteur zu werden. Das wäre eine fundamentale Abkehr von der Politik, die wir in den vergangenen Jahren erlebt haben, wo selbst enge Partner wie Großbritannien das Militärbudget zurückgefahren haben und die Deutschen zurückhaltend waren, sich militärisch zu engagieren.
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